Die Diskussion um die schrittweise Öffnung der Schulen und die Durchführung der Abschlussprüfungen ist seit einigen Tagen in aller Munde. Der MV-Artikel „Kreativer Protest zum Schulbeginn“ vom 20.04. verdeutlicht, dass es besonders um eines geht: Die Zukunft junger Menschen.
Auf die schrittweise Öffnung der Schulen und die Durchführung schriftlicher Abiturklausuren hatten sich in der letzten Woche alle 16 Bundesländer und die Bundesregierung geeinigt. In dieser Woche öffnen bereits in Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Sachsen die Schulen für Abiturprüfungen. Nordrhein-Westfalen hat sich, wie bereits am 6. April durch die Schulministerin Yvonne Gebauer kommuniziert, dazu entschieden den Abiturientinnen und Abiturienten noch einmal die Möglichkeit zu geben, sich mit den Lehrerinnen und Lehrern und den Mitschülerinnen und Mitschülern individuell auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten. Diese freiwillige Prüfungsvorbereitung wird nun am Donnerstag, den 23.04., starten und die Abi-Prüfungen beginnen wie geplant drei Wochen später als ursprünglich vorgesehen, nämlich am 12. Mai, es sei denn, bis dahin gäbe es erneut einen epidemischen Verlauf, der es notwendig macht, noch mal neu zu entscheiden. Grundlage für die Öffnung der Schulen bietet die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH), dem Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) und von der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventionsmedizin (GHUP).
Dabei steht der Schutz der Schülerinnen und Schüler sowie des Lehrpersonals an erster Stelle. Die Schulen werden laufend durch das Schulministerium informiert und haben zur weiteren Vorbereitung konkrete Hygiene- und Raumplanungshinweise erhalten. Gemeinsam mit dem Schulträger werden die Schulen nun in dieser Woche alle notwendigen Maßnahmen treffen, um eine geregelte und sichere Durchführung der Prüfungsvorbereitung und schlussendlich der Abschlussprüfungen zu ermöglichen. Dabei gilt es besonders Schülerinnen und Schüler, die einer Risikogruppe zuzuordnen sind, zu schützen. Dazu hat das Ministerium in einer Schulmail an alle Schulen eine klare Regelung getroffen:
„Sofern Schülerinnen und Schüler in Bezug auf das Corona-Virus (COVID-19) relevante Vorerkrankungen haben, entscheiden die Eltern – gegebenenfalls nach Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt, ob für ihr Kind eine gesundheitliche Gefährdung durch den Schulbesuch entstehen könnte. In diesem Fall benachrichtigen die Eltern unverzüglich die Schule und teilen schriftlich mit, dass aufgrund einer Vorerkrankung eine gesundheitliche Gefährdung durch den Schulbesuch bei ihrem Kind grundsätzlich möglich ist. Die Art der Vorerkrankung braucht aus Gründen des Datenschutzes nicht angegeben zu werden. Bei volljährigen Schülerinnen und Schülern gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. In der Folge entfällt die Pflicht zur Teilnahme am Präsenzunterricht. Diesen Schülerinnen und Schülern sollen Lernangebote für zu Hause gemacht werden (Lernen auf Distanz). Eine Teilnahme an Prüfungen ist für diese Schülerinnen und Schülern durch besondere Maßnahmen zu ermöglichen. So muss das Schulgebäude zu einer bestimmten Zeit einzeln oder durch einen gesonderten Eingang betreten werden können und erforderlichenfalls die Prüfung in einem eigenen Raum durchgeführt werden. Können diese Schutzmaßnahmen nicht sichergestellt werden, soll ein Nachholtermin unter dann geeigneten Bedingungen angeboten werden. Im Übrigen gelten die allgemeinen Regeln für das krankheitsbedingte Versäumen von Prüfungen.“
An dieser Stelle sei deutlich gesagt, dass die Situation für alle Beteiligten, vor allem für die Schülerinnen und Schüler, nicht leicht ist. Die Abiturprüfungen stellen schon in „normalen“ Zeiten einen großen Druck dar. Gerade deshalb sind die freiwilligen Lernangebote für Abiturienten richtig. Es gibt Abiturienten, die sich lieber Zuhause vorbereiten, und viele, die sich darauf freuen, doch noch mal in der Schule bei der Prüfungsvorbereitung unterstützt zu werden. Wir wollen vor allem Schülern, die Zuhause nur eingeschränkt lernen können, ermöglichen, sich in der Schule auf die Abifächer vorzubereiten. Wir halten das für ein optimales Angebot, das man annehmen kann, aber nicht muss. Dabei steht der Gesundheitsschutz selbstverständlich an erster Stelle.
Zum Thema „Durchschnittsabi“ oder „Prüfungsabi“ gibt es unterschiedliche Meinungen, und für alle gibt es gute Argumente. Wir sind der Meinung, dass diejenigen Abschlüsse die gerechtesten sind, die auf der Basis von Prüfungen vergeben werden. Es darf keine Besser- oder Schlechterstellung des NRW-Abiturs im Vergleich zu früheren Jahrgängen oder Prüfungen in anderen Bundesländern geben. Deshalb wird es in NRW kein „Durchschnittsabi“ ohne Prüfungen geben. Ein „Abi-Light“ erhöht nicht gerade die Chancen auf dem Ausbildungs-, Studien- und Arbeitsmarkt. Deshalb ist eine Abi-Benotung auf Basis der bisherigen Leistungen nicht fair.
Die Entscheidungen der letzten Tage beruhen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, und wir nehmen die Sorgen und Ängste der Schülerinnen und Schüler sehr ernst. Um nicht für weitere Verunsicherungen zu sorgen, ist es wichtig, die Diskussionen wieder auf ein sachliches Maß zurückzuführen. Auch in unseren Krankenhäusern, Pflegeheimen, im Handel und nicht zuletzt in den Familien sind im Moment alle Menschen großen Herausforderungen ausgesetzt, vielleicht sogar noch größeren als in den Schulen.